009 – Ressourcen

von | 1. Juni 2025

Es ist so wertvoll, wenn wir uns unserer Ressourcen bewusst werden, denn sie können uns dabei unterstützen, entweder in Balance zu bleiben oder auch hilfreich sein, unser Nervensystem in Balance zu bringen.
Man könnte also sagen, Ressourcen entstehen durch Regulation oder sie führen zu Regulation.

Was ist eine Ressource?

Eine Ressource ist alles, was uns mit unserer Fähigkeit in Kontakt bringt, uns zu regulieren und uns unterstützt unser Leben nach unseren Bedürfnissen zu gestalten.
So können Ressourcen wunderbare Brücken zu einer Verbindung mit dem jetzigen Moment oder auch mit uns selbst sein.
Eine Ressource kann Vieles sein. Sie kann ein Ort sein, eine Tätigkeit, Musik, ein gutes Essen, eine Massage, Natur oder auch etwas, was in uns selbst als Kraftquelle existiert, wie zum Beispiel Eigenschaften, Fähigkeiten, Talente, Stärken, Erfahrungen, Ideen, angenehme Körperempfindungen, positive Erinnerungen, Stimmungen oder auch Gefühle.
Genauso kann eine Ressource in Beziehung mit anderen Wesen bestehen, wie zum Beispiel die Beziehung zu einem Tier oder auch zu einem vertrauten Menschen, bei dem wir Trost bekommen, mit dem wir uns austauschen oder mit dem wir gemeinsam freudvolle Momente erleben können.
Ressourcen können auch in herausfordernden Situationen, wenn es uns einmal nicht so gut geht, wichtig und unterstützend sein, um uns etwas Gutes zu tun und wieder mehr in Balance zu kommen.

Warum Menschen mit Traumafolgen scheinbar weniger Ressourcen zur Verfügung haben

Wenn wir Traumafolgen in uns tragen, wurde unser Nervensystem in die Haltung versetzt, eher nach Gefahren Ausschau zu halten, um für Sicherheit zu sorgen.
Unser Nervensystem ist dann nicht darauf ausgelegt, nach Ressourcen und Wohltuendem zu schauen, sondern der Fokus ist mehr auf Gefahr ausgelegt und es ist dadurch auf Defizite ausgerichtet.
Traumafolgen erschweren also den Zugang zu Ressourcen und oft werden diese auch von kreativen Kompensations- oder Überlebensstrategien überlagert.

Ressource oder Kompensationsstrategie?

Wenn Du beispielsweise inneren Druck oder auch Stress verspürst und diesen durch das Ansehen einer Serie reduzieren möchtest, jedoch so gar kein Ende findest und Dich durch das Serie ansehen eher „wegbeamst“, dann ist es wahrscheinlich so, dass die Ressource zugleich auch etwas überlagert.
In Deinem Nervensystem entsteht dann also nicht wirklich Beruhigung und Entspannung, sondern eine Art Dissoziation oder auch Betäubung Deiner Wahrnehmung. Dadurch geschieht keine Regulation, sondern der Effekt, weniger von Dir zu spüren.

Woran merke ich, ob ich etwas tue was mir wirklich gut tut oder ob das, was ich tue, eher dazu führt mich weniger zu spüren beziehungsweise meine Zustände irgendwie zu „managen“?
Eine wirkliche Ressource hilft uns, uns mehr zu spüren und eine innere Balance herzustellen.
Wir fühlen uns danach verbundener und präsent im Hier und Jetzt.
Wenn wir uns nach einer prinzipiell vielleicht durchaus ressourcengebenden Aktivität – das kann zum Beispiel auch Meditation sein – jedoch weniger präsent fühlen beziehungsweise uns auch während und nach der Aktivität weniger verbunden fühlen, können wir erkennen, dass wir wahrscheinlich eher einer Kompensationsstrategie unterlaufen sind.
Zusammengefasst könnte man sagen, Kompensationsstrategien helfen eine Dysbalance aufrecht zu erhalten und wirkliche Ressourcen unterstützen uns dabei Balance zu erzeugen.

Hilfreich kann auch sein, zu beobachten, ob wir das, was wir tun, mit einem Gefühl von Müssen verbinden, zum Beispiel „Ich muss mich um mich kümmern und jeden Tag meditieren und ziehe das ganz diszipliniert durch.“ Ein „Ich muss“ ist meist ein Zeichen dafür, dass wir eher in einer Art „Kampfmodus“ unterwegs sind, also unser Sympathikus stark aktiviert ist. Dadurch entsteht statt der gewünschten Entspannung meist Druck und ein Gefühl von Enge.

Genauso können wir erkennen, wenn unser dorsaler Vagus überaktiviert ist und wir uns eher in der Untererregung befinden.
Das fühlt sich dann oft nach Schwere und einem Gefühl von „abgeschnitten sein“ an und ist verknüpft mit einem „Ich kann nicht. Ich bin nicht in der Lage. Ich schaffe das nicht.“
Dann etwas für uns zu tun, ist wirklich wichtig und es ist so wesentlich, ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, in welchem Zustand unseres Nervensystems wir uns gerade befinden.

Es geht nicht darum unsere Kompensationsstrategien negativ zu bewerten, sondern erstmal so wohlwollend wie möglich zu beobachten, wann, wo und warum wir diese nutzen und sie nicht mit Ressourcen zu verwechseln.
Dadurch entsteht ein größeres Bewusstsein über uns selbst und unsere intelligenten Strategien, und wir haben die Möglichkeit, Schritt für Schritt unsere Überlebens- oder Kompensationsstrategien mit wirklichen Ressourcen zu ersetzen, die unseren ventralen Vagus aktivieren, um beispielsweise von einem „Ich muss“ in ein „Ich kann“ und „Ich möchte“ zu gelangen.
Vielleicht brauchst Du dafür mehr Zeit und es geht darum, dass in Deinem Kalender ein freier Tag zur Verfügung steht?
Vielleicht geht es auch darum zu überlegen, mit wem oder wo Du etwas tun kannst, damit es sich nach „Ich möchte so gerne“ anfühlt?
Wie kannst Du also Deiner intelligenten inneren Struktur kreativ begegnen und was kannst Du Dir selbst geben, damit Veränderung möglich wird?

Ich lade Dich herzlich ein, Dich in einer offenen Haltung immer wieder nach wirklichen Ressourcen umzuschauen und möchte Dir zum Abschluss gerne noch eine wunderbare spielerische Möglichkeit an die Hand geben, mit der Du Dein Bewusstsein für Nährendes und Ressourciges erhöhen kannst.

Die „Murmelübung“

Du benötigst dafür einige Murmeln und zwei Hosentaschen oder falls Deine Hosen keine Taschen haben, stattdessen gerne auch zwei kleine Behälter, wie z.B. eine kleine Schale oder Dose, die Du tagsüber leicht mitnehmen kannst.

Morgens nimmst Du Dir dann Deine Murmeln und gibst diese entweder in eine Deiner Hosentaschen oder vielleicht auch in einen der kleinen Behälter.

Und wenn Du dann im Laufe des Tages etwas Erfreuliches oder Dir Wohltuendes erlebst, dann nimmst Du eine der Murmeln aus der einen Hosentasche oder dem Behälter heraus und gibst sie in die andere Hosentasche beziehungsweise in den anderen Behälter hinein.
Das, was Dich erfreut, kann klein oder groß sein. Vielleicht ist es der Duft von Blumen auf einer Wiese oder die Begegnung in einem öffentlichen Gebäude mit einem Menschen, der Dir freundlich Die Aufzugstüre aufhält, oder vielleicht ist es auch ein schönes Gespräch oder Telefonat mit einem Dir lieben Menschen.

Was auch immer Du Ressourciges erfahren hast, abends kannst Du dann die Murmeln aus der zweiten Hosentasche beziehungsweise dem zweiten Behälter nehmen und Dich an all die wohltuenden Momente erinnern.
Das gibt Dir die Möglichkeit, Dir Deine am Tag erlebten Ressourcen noch einmal zu vergegenwärtigen und bewusst zu machen und zudem kannst Du Deinen Tag Dir zugewandt ausklingen lassen.
Sollten sich noch alle Murmeln in der ersten Hostentasche oder dem ersten Behälter befinden, dann hast Du vielleicht während des Tages etwas übersehen und es findet sich rückblickend in der Erinnerung noch etwas Wohltuendes.
Ansonsten ist es spätestens jetzt eine gute Gelegenheit, Dir bewusst noch etwas Gutes zu tun, sodass Du noch eine der Murmeln bewegen kannst.
Es ist schön, wenn Du dieses Ritual möglichst täglich praktizierst.

Ich wünsche Dir dabei viel Freude und wunderbar herzöffnende Murmel-Momente!

 

Foto: iStockphoto